Wie der technische Fortschritt mehr Möglichkeiten, aber vielleicht auch mehr Unsicherheiten schafft. Ein Nachbericht vom diesjährigen milch & zucker-Event.
Die Fusion Days 2017, das exklusive Kundenevent von milch & zucker und JobStairs, bietet erfahrungsgemäß jede Menge Momente zum gemeinsamen Nach-, Über- und Weiterdenken. So auch am 7. und 8. November in Gießen: Im stilvollen Ambiente des Hotelrestaurants Heyligenstaedt kamen insgesamt rund 120 Führungskräfte und Experten aus den Bereichen IT und Personal zusammen, um sich auszutauschen und von spannenden Vorträgen inspirieren zu lassen.
Generation Y trifft Chatbots
Nach dem JobStairs Community Meeting und dem Treffen der BeeSite Recruiting Edition Usergroup am ersten Tag fanden am zweiten Tag mehrere Vorträge zu verschiedenen Themen statt. Eines davon war die Generation Y: Dr. Steffi Burkhart referierte über das Mindset, die Denkart und Weltsicht der Generation Y.
Diese gilt es ihrer Meinung nach zu verstehen, will man in Zukunft weiterhin digitale Talente für sich gewinnen. Hierzu ist es erforderlich, den bisherigen Talent Management Ansatz zu überdenken und neu zu gestalten – hin zu einer Kultur des Austauschs, der Kollaboration und der Kreativität. Nach Dr. Steffi Burkhart lassen sich die so genannten Millenials in drei Typen unterteilen: die Anwender, die Könner und die Create-Ups, von denen jeder einzelne eine separate Recruiting-Strategie benötigt.
Prof. Dr. Wolfgang Jäger von der Hochschule RheinMain in Wiesbaden und Sprecher der Jobbörse JobStairs brachte den Teilnehmern das Thema Chatbots näher und zeigte, dass möglicherweise schon 2020 „Robot Recruiting“ ein wichtiger Bestandteil im Recruiting Prozess werden könnte.
Vereinzelt kommen bereits heute schon Chatbots im Recruiting zum Einsatz, wenn auch vorerst mit rudimentären Funktionen und nicht als intelligentes Lernsystem. Die Betreiber planen jedoch eine stetige Weiterentwicklung – bis hin zu KI-basierten Bots. Grundsätzlich handelt es sich bei Chatbots um text- bzw. sprachbasierte Dialogsysteme, die dem Nutzer über entsprechende Ein- und Ausgabemasken in natürlicher Sprach eine Kommunikation mit dem dahinterstehenden System ermöglichen. Chatbots können im Recruiting einen Beitrag zur kommunikativen Rationalisierung liefern, außerdem kommen sie dem zunehmenden Bedürfnis der Zielgruppe nach smarten Angeboten im gesamten Recruiting-Prozess nach.
Abschließend stellte Prof. Dr. Jäger den Einsatz der digitalen Sprachsteuerung im Rahmen von JobStairs vor: Über eine Verknüpfung der Echo API von Amazon ist eine Stellensuche mithilfe von Alexa möglich – man kann das System nach Stellenangeboten fragen und bekommt die Ergebnisse im Anschluss vorgelesen bzw. direkt zugemailt. Die Nutzung von JobStairs als neuem Alexa Skill ist bisher einmalig und soll in Zukunft stetig weiterentwickelt werden.
Von Deep Learning bis Datenschutz
Dr. Damian Borth präsentierte in seiner Funktion als Director des Deep Learning Competence Center/German Research Center for Artificial Intelligence (DFKI) einen Überblick über das Thema Deep Learning und Künstliche Intelligenz.
Deep Learning orientiert sich an der Arbeitsweise des Gehirns und simuliert dazu ein dicht verwobenes Netz aus einfachen Nervenzellen. Durch die passgenaue Änderung der Netzverbindungen werden künstliche Systeme dazu in die Lage versetzt, aus Erfahrung zu lernen. Somit ist Deep Learning der Antriebsmotor für die moderne KI und aus Sicht von Dr. Borth ein absoluter Zukunftsmarkt. In diesem Zusammenhang zeigte der Referent beeindruckende Beispiele von Anwendungen in der Videoanalyse oder der automatischen Erkennung von Menschen, Straßen sowie verschiedenen Gegenständen.
Bon Idziak, Chief Compliance Officer der Accurate Background Inc., stellte in seinem Vortrag „Background Check“ ein datenschutzrechtlich hochbrisantes Thema vor.
Sind Hintergrundprüfungen bei Bewerbern erlaubt? Was sind typische Checks wie Referenzen, Ausbildung und weniger typische wie Adresse, Kreditwürdigkeit? Dabei sollten weltweit tätige Unternehmen auch immer das EU-US Privacy Shield (auch: EU-US-Datenschutzschild) sowie die DSGVO im Blick behalten. Bon Idizak gehört zu den gefragtesten Experten zum Thema Risikominimierung bei der Einstellung von Mitarbeitern. Er setzt sich für intelligente Background-Screening-Programme ein, die gleichzeitig die Compliance garantieren, d.h. die Rechte der Bewerber oder Mitarbeiter in allen Aspekten des Prozesses sicherstellen. Dafür arbeitet er unter anderem eng mit amerikanischen Verbänden zusammen.
Team-Recruiting, Influencer und Digital Badge
Ingolf Teetz, milch & zucker CEO, und Ute Neher, Leiterin HR Marketing Deutschland für die Telekom, erläuterten einen völlig neuen Recruiting-Ansatz für IT-Experten.
Hintergrund des gemeinsamen Pionierprojekts „Team-Recruiting“ ist die Tatsache, dass immer mehr IT-ler immer weniger Wert darauf legen, in welchem Unternehmen sie arbeiten. Sie wollen vielmehr wissen, an was sie arbeiten und mit wem sie das tun. Dieser Gedanke führte zur Entwicklung einer Team-Recruiting-Microsite für die Telekom, auf der sich verschiedene Teams präsentieren können. Für interessierte Bewerber gibt es die Möglichkeit zu prüfen, ob ihre Fähigkeiten gesucht werden. Anschließend können sie den Cultural Fit abgleichen und daraufhin ein für sich spannendes Projekt auswählen. So gelangen sie mit wenigen Klicks zu einem Umfeld, in dem sie gerne arbeiten möchten. Die strikte Fokussierung auf das Sucherverhalten bzw. die Bedürfnisse der relevanten Zielgruppe stellt aus Sicht von IT-lern einen echten Mehrwert für die Jobsuche dar – darin waren sich die beiden Referenten sicher.
Ähnlich sah das übrigens auch die Jury der diesjährigen HR Excellence Awards: Sie machte das innovative Projekt kurzerhand zum Gewinner in der Kategorie „Konzerne Karrierewebsite“. Die Auszeichnung unterstreicht aus Sicht der beiden Initiatoren, dass man mit dem Teamrecruiting-Ansatz auf dem richtigen Weg ist. Die HR Excellence Awards zeichnen jedes Jahr innovative Leuchtturmprojekte im Personalmanagement aus, die mit kreativen Ideen frischen Wind in die Personalarbeit bringen.
Technisch gesehen ist die Umsetzung der Team-Recruiting-Site ein zusätzlicher Recruiting-Kanal, der in die bereits bestehende Telekom Karriere-Website eingebunden ist. Alle angezeigten Jobs sind bereits vorhanden, sie werden lediglich für die zielgruppenspezifische Darstellung neu und vollautomatisch aufbereitet. Basis für das Telekom-Team-Recruiting bildet die Software-Lösung „BeeSite Global JobBoard“ von milch & zucker. Telekom Team-Recruiting-Site auf https://telekom.jobs/findedeinteam ansehen.
Hauke Gerdes, unter anderem bekannt durch den Internet-TV-Sender Rocket Beans, sorgte für spannende Impulse rund um das Thema Influencer.
Der 2007 entstandene Begriff beschreibt Personen, die aufgrund ihrer sehr starken Präsenz ein hohes Ansehen in den sozialen Medien genießen. Aktuell liegt dieses Thema absolut im Trend und bietet auch Möglichkeiten, sich bei jungen Talenten als Arbeitgeber zu präsentieren bzw. an Bekanntheit zu gewinnen. Hauke Gerdes verschaffte den Teilnehmern unter anderem Einblicke in die Influencer-Szene, stellte verschiedene Social Media Plattformen vor und gab Tipps zu den vier großen Fragen, die für eine Influencer Marketing Kampagne wichtig sind: Was sind meine Ziele? Wie sieht das Umfeld aus? Wer ist mein Influencer? Wie will ich aktiv werden?
Abschließend erläuterte Serge Ravet, Innovation Director bei ADPIOS, das Konzept der Digital Badges.
Seiner Ansicht nach können Badges bei der Visualisierung von Sozialkapital eine wichtige Rolle spielen, da sie Fähigkeiten von Personen dokumentieren, die bisher nicht erfasst wurden oder erfasst werden konnten. Das können fachliche, soziale oder emotionale Fähigkeiten sein. Badges eignen sich somit ideal als eine Art zukünftige Währung für soziales Kapital. Serge Ravet präsentierte im Rahmen seines Vortrages verschiedene Implementierungsbeispiele für Badges und unterstrich, dass Badges vor allem auf einem Faktor basieren, nämlich Vertrauen. Alle Teilnehmer der Fusion Days erhielten ein Digital Badge.
Wir hoffen, dass alle Teilnehmer interessante Einblicke in Themen gewinnen konnten, die so (noch) nicht täglich auf der Agenda stehen, aber es wert sind, sich mit ihnen zu befassen. Das Hotel Heyligenstaedt trug als wunderbare Location mit exzellentem Catering zum Gelingen der Veranstaltung genauso bei wie die vielen fleissigen Helfer, die im Vorfeld und an der Veranstaltung selbst alles professionell organisiert haben.
Das Fusion-Days-Team bedankt sich und freut sich schon auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr!
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